Wachstum eine Bieridee?

Langsam fliesst das Bier in das Glas,. es fliesst und fliesst….. bis die Wirtin gekonnt den Zapfhan schliesst, die Stange elegant wegzieht und ein Bier mit einem schönen Kragen auf die Theke stellt.  Gusti hat ihr scho zig mal fasziniert zugeschaut. Die Wirtin bringt einfach mehr Bier in das Glas als die Kellner.
Aber, da sind wir uns einig,  auch sie bringt keine 3 dl  in ein 2 dl  Glas. Logisch! Alles hat seine Grenzen.

Auch eine Gemeinde hat Grenzen. Sie kann nicht beliebig vielen Menschen ein „zu Hause“ bieten.
Ist Münsingen fertiggebaut ?
Die Antwort finden sie im folgenden  Artikel von Marc Haller.
Wir publizieren diesen „Kommentar“ hier als Artikel. Das Thema ist von grosser Bedeutung und gehört deshalb an einen prominenten Platz.

Marc Haller sagt:

Das generelle Problem ist, dass dem stetigen Wachstumsdenken noch nicht abgeschworen wird. ‘Wirtschaftswachstum’ ist leider nach wie vor ein sehr positiv belegter Begriff, ‘Wirtschaftsstagnation’ dagegen wird schon fast als Katastrophe empfunden.

Dabei wird vergessen, dass uns die Knappheit der Ressourcen so oder so einmal dazu zwingen wird, dem ewigen Wachstum abzuschwören. Allerdings wird bis zu diesem Zeitpunkt die Lebensqualität bereits sehr gelitten haben. Ganz einfach darum, weil es nicht nur in irgend einer Quartierstrasse eng wird, sondern nahezu überall. Wachstum mag bis zu einem gewissen Grad gut sein, aber ab einem bestimmten Zeitpunkt wirkt es selbstzerstörerisch.

Wo diese Grenze liegt, darüber wird man sich wohl nie einigen können. Wenn es nicht gelingt, die stetige Zunahme der Weltbevölkerung zu stoppen, so braucht man kein Prophet zu sein um zu wissen, dass irgendwann in der Zukunft Kriege um Wasser, Ackerland, Energieträger und Ressourcen aller Art ausbrechen werden.

Müsste man allen Menschen dieser Erde den aktuellen Lebensstandard der Westeuropäer zugestehen, was eigentlich nur gerecht wäre, so würden die weltweite Ressourcen bereits heute nicht ausreichen, um ein solches Ziel zu erreichen. Auch wenn wir es möglicherweise nicht gerne hören, so basiert ein nicht unbedeutender Teil unseres Wohlstandes auf der Ausbeutung wirtschaftlich schwächerer Länder.

Ob in der Au oder anderswo in Münsingen oder in einer anderen Gemeinde irgend eine Matte überbaut werden soll oder nicht, entscheidet sich nicht zuletzt auch an der Schweizer Grenze. Solange die erschreckend hohe Zuwanderung klaglos hingenommen wird, darf man sich nicht wundern, wenn die Nachfrage nach zusätzlichem Wohnraum nicht abnimmt. Man darf sich auch nicht wundern, wenn die Strassen verstopft sind und man in der SBB keinen Sitzplatz mehr findet.

Unsere ganze Infrastruktur muss ausgebaut werden, nur damit mehr Leute in der Schweiz leben können. So begehren z.B. die SBB Milliarden um die zusätzliche Transportnachfrage im Personen- und Güterverkehr in Zukunft noch bewältigen zu können. Dass bei einer höheren Einwohnerzahl auch der Energiebedarf und die Umweltverschmutzung zunehmen, versteht sich dabei von selbst.

Die Frage ist, ob wir dies alles wollen oder nicht. Und diese Frage muss jeder für sich beantworten und dann seine Meinung bitte schön auch kund tun. Nur wer etablierte Wertvorstellungen immer und immer wieder in Frage stellt, hat die Chance mittel und längerfristig etwas verändern zu können. Dabei sollte man sich nicht entmutigen lassen, denn Wertvorstellungen lassen sich nicht von heute auf morgen ändern. Dazu ist ein mehr oder weniger langer Prozess nötig.

Trotzdem darf man zuversichtlich sein, z.B. wenn man bedenkt, dass das Rauchen in der Gastronomie noch vor kurzer Zeit eine Selbstverständlichkeit war. Aber die Wertvorstellungen und Prioritäten betreffend dem Schutz vor dem Passivrauchen haben sich zum Glück in relativ kurzer Zeit verändert. Dies war aber nur dank engagierten Leuten in unserer Gesellschaft möglich, welche immer und immer wieder an festgefahrenen Meinungen und Ansichten gerüttelt haben.

Heute gilt man aber (noch) als wirtschaftsfeindlich, wenn man das Wachstumsdenken in Frage stellt. Und man gilt selbstverständlich (noch) als ausländerfeindlich, wenn man die Zuwanderung beschränken möchte.
Aber die Zeiten werden sich ändern, nur weiss ich leider nicht wann. Dass in vielen Köpfen aber ein Unbehagen vorhanden ist, hat sich nicht nur in der Waletal-Abstimmung, sondern auch bei der fragwürdigen Minarett-Initiative gezeigt.

Der rede kurzer Sinn ist, dass nicht nur Münsingen, sondern eigentlich die ganze Schweiz fertig gebaut ist. Wenn wir uns darauf konzentrieren, dass unsere Sozialwerke und unsere Wirtschaft dereinst ohne Wachstum auskommen um den Lebensstandard zu halten, so werden wir viel erreicht haben, sehr viel sogar. Dann wird auch keine Matte in der Au oder sonst irgendwo überbaut werden müssen.

Ich danke M. Haller für diesen wichtigen Beitrag.
M.J. Schnyder

2 Antworten auf „Wachstum eine Bieridee?“

  1. Um die „Wachstumsidee“ zu relativieren und wieder vom Bier wegzunehmen, sei noch Folgendes in Erinnerung gerufen:
    Selbst wenn kein Bevölkerungswachstum (ein sogenanntes Nullwachstum) angestrebt würde, muss zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden. Schuld daran sind wir alle: Wenn wir uns „verändern“, ziehen wir in eine grössere Wohnung – und die „Alten“ bleiben heute länger in ihren eigenen vier Wänden; sollen die „Jungen“ dann zwingend ausziehen, damit ja nirgends gebaut werden muss?? Da braucht es sicher nicht viel Mathematik, um damit auch einen moderaten, aber eben notwendigen Wohnungsbau zu erklären (über das Wo und wie „Einfamilienhäuslich“ oder „Sozialblöcke“ wird man immer streiten können).
    Andernfalls geht die Einwohnerzahl kontinuierlich (sicher nicht dramatisch) zurück. Die „Verbleibenden“ zahlen also immer mehr Steuern, da ja die Infrastruktur der Gemeinde nicht kleiner wird!

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